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Zahl der Tagesmütter in fünf Jahren verdreifacht

Wie erste statistische Vergleiche zeigen, hat sich die Zahl der Tagesmütter in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht. Auf 52.000 Tagesväter- und Mütter stieg ihre Zahl bis zum Ende des letzten Jahres. Vor allem im Westen Deutschlands steigt die Zahl schnell. Das liegt daran, dass es hier bis vor wenigen Jahren nicht üblich war, sein Kind in eine Tagesstätte zu geben, so dass schon längst ein enormer Mangel an Krippen- und Kitaplätzen herrscht. Im Osten Deutschlands dagegen, ist die Zahl der angebotenen Tagesplätze wesentlich höher und damit die Nachfrage nach Tagesmüttern nicht ganz so groß. Seit 2005 ist die Tagespflege von Kleinkindern Erlaubnispflichtig, wenn die Betreuung über mehr als 15 Stunden pro Woche und über einen längeren Zeitraum als drei Monate statt findet. Allerdings fehlt es nicht nur an genügend ausgebildeten Tagesmüttern, auch die Rahmenbedingungen für ihre Arbeit sind noch lange nicht ausgereift. Experten rechnen deshalb mit einer sehr hohen Dunkelziffer, die sich auch kaum verhindern lässt. Für die Regierung ist in diesem Zusammenhang auch eher relevant, dass sich aus der offiziellen Zahl der Tagesmütter nicht auf den Bedarf schließen lässt. Den zu ermitteln hat aber derzeit höchste Priorität, da in eineinhalb Jahren jedes Kleinkind ein Anrecht auf einen Pflegeplatz hat. Gelingt es den Kommunen bis dahin nicht, diese in ausreichender Zahl anzubieten, erwarten sie tausende Klagen und Schadensersatzforderungen. Dem können sie nur entgehen, wenn sie sich dazu entschließen, die finanziellen Bedingungen für Tagespflegeeltern zu verbessern.

Vertretung für Tagesmutter

Ein neues Konzept wird derzeit im Kreis Usingen getestet. Das Jugendamt erarbeitet gemeinsam mit den Behörden ein neues Vertretungsmodell für die Kindertagespflege aus. Dieses soll Eltern von Tagespflegekindern ermöglichen, im Falle eines ungeplanten Ausfalls bei der Kinderbetreuung eine zuverlässige Vertretung zu bekommen. Dafür wurde ein Konzept zur Vernetzung der Tagesmütter erstellt, die sich gegenseitig vertreten können, wenn dies notwendig wird. Um Eltern und Kindern mehr Sicherheit für eine eventuell eintretende Vertretung zu bieten, treffen sich die Tagesmütter zusammen mit Eltern und Kindern regelmäßig um sich kennen zu lernen. Außerdem wird der Einsatz einer „Not-Tagesmutter“ geprüft, bei der immer ein Pflegeplatz für den Notfall frei bleibt. Für den Fall das alle Plätze bei „Not-Tagesmüttern“ belegt sind und keine andere Tagesmutter einspringen kann, soll in einer Zentral in der Gemeinde liegenden Kindertagesstätte immer ein Betreuungsplatz frei bleiben.

Tagesmutter: Geringe Bezahlung schreckt ab

Die Betreuung durch Tagesmütter ist vor allem deshalb so beliebt, weil dadurch eine höhere Flexibilität möglich ist. Tagespflegepersonen können die Kinder je nach Wunsch und Bedarf zu Hause, oder im Haushalt der Eltern betreuen. Auch für die Tageseltern bietet die Arbeit mehr Freiheit, bei der Gestaltung der Arbeitszeit. Trotzdem gibt es noch immer zu wenig Tagesmütter. Es ist in erster Linie die zu geringe Bezahlung, die viele potentiell geeignete und daran interessierte Menschen abschreckt. Der Stundensatz der von den Gemeinden übernommen wird, liegt bei durchschnittlich 3,70 Euro pro Kind und Stunde. Dafür müssen sich Tagesmütter als selbständig anmelden, ihre Krankenversicherung und gegebenenfalls Neumöbilierungen bezahlen, wenn sie die Kinder in der eigenen Wohnung betreuen. Um eine Gleichrangigkeit bei der Kindertagespflege auch für Kinder zu gewährleisten, deren Eltern weniger verdienen, wird derzeit von einigen Politikern gefordert, für die von den Eltern zu leistenden Zuschüsse einen Höchstbetrag festzusetzen. Dies jedoch wird viele Tagesmütter- und Väter davon abhalten, sich über das normale Maß hinaus weiter zu qualifizieren oder, was wahrscheinlicher ist, es kommt zu nicht bei der Steuer angegebenen regelmäßigen Zuzahlungen durch die Eltern. Außerdem widerspricht eine solche Deckelung des Lohnes der Freiheit eines Selbständigen, die Preise für die angebotene Dienstleistung und damit die Höhe seiner Einnahmen selbst bestimmen zu können, da bereits die Zahl der Kinder die ein Betreuer gleichzeitig versorgen darf, begrenzt ist. So gut gemeint eine solche Regelung zur Gleichrangigkeit wäre, für eine ausreichende Versorgung der Berechtigten mit qualifizierten Pflegekräften wäre sie völlig destruktiv. In eineinhalb Jahren haben alle Kinder ab dem 13. Lebensmonat Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Bereits jetzt befürchten viele Kommunen bis dahin nicht ausreichend Krippenplätze und Tagesmütter vermitteln zu können. Es wäre ein großer Fehler die Situation durch eine, vermutlich rechtlich ohnehin nicht haltbare Vorschrift, weiter zu verschärfen.

Fehlende Rahmenbedingungen für Tagesmütter

Trotz aller Bemühungen und großen Worte, besteht noch immer ein enormes Defizit bei der Kinderbetreuung. Auch in Stuttgart reichen die bisherigen Bemühungen nicht aus, wie die baden-württembergische Sozialministerin, Monika Stolz, feststellte. Vorrangig für Kleinkinder unter drei Jahren fehlt es noch immer an ausreichender Betreuung. Der Kommunalverband Jugend und Soziales hat jetzt neue Zahlen vorgelegt, nach denen es in Baden-Württemberg aktuell 7012 Tagesmütter gibt – dass sind lediglich 2 Tagesmütter mehr, als ein Jahr zuvor. Abschreckend für potentielle Tagesmütter- und Väter wirkt in erster Linie die höheren Anforderungen. Was bisher weitestgehend ohne eine offizielle Ausbildung möglich war, erfordert jetzt eine mehrmonatige Qualifizierung. „Wir wollen keine Abstriche an der Qualifizierung machen“, erläutert Christina Metke, die Vorsitzende des Landesverbands der Tagesmütter Baden-Württembergs. Tatsächlich sollte die Ausbildung eher verbessert werden. Allerdings muss eine bessere Ausbildung auch durch entsprechende Entlohnung honoriert werden. Daran mangelt es bisher in allen Bundesländern. Da Tagesmütter aber als Selbständig arbeiten müssen, sind die bisher angebotenen Vergütungen völlig unzureichend, besonders wenn man bedenkt, wie wichtig eine gute Kinderbetreuung für die Entwicklung der Kinder ist. Bisher erhalten Tagesmütter pro Stunde und Kind von der Stadt 3,90 Euro. Der Landesverband will die Zuschüsse der Eltern deckeln, um eine „Harmonisierung der Elternbeiträge“ zu erreichen. Gleichzeitig sollen jedoch Tagesmütter mehr verdienen können, was schlicht unmöglich ist, da auch die Zahl der zu betreuenden Kinder limitiert ist. „Die Politik hat die Rahmenbedingungen noch nicht so verändert, wie es nötig ist, um weitere Tagesmütter zu gewinnen“, kritisiert Christina Metke. Dazu kommt, dass es nicht akzeptabel ist, dass Tagesmütter gezwungen werden als Selbständige ein Gewerbe anzumelden, mit allen dazu gehörenden Verpflichtungen, und ihnen zeitgleich vorschreiben zu wollen, wieviel Geld sie für ihre Verdienste verlangen dürfen. Dies ist lediglich der Versuch, auf möglichst billige Art das Problem der Kinderbetreuung zu lösen – auf Kosten der Arbeitskräfte.

Tagesmütter sind „günstiger“ als Kitas

Wie die meisten Städte und Kommunen sucht auch die Gemeinde Dinslaken händeringend nach Tagesmüttern. Durch den ab 2013 gültigen Rechtsanspruch aller Kinder auf einen Betreuungsplatz, wird auch hier erstmals ernsthaft der Bedarf an Kinderbetreuung ermittelt. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass für mehr als 30 Prozent aller Kinder zwischen einem und drei Jahren ein Betreuungsplatz verlangt werden wird. Und das wird schwierig, wie Gabi Klein, Fachgruppenleiterin der Kreisverwaltung zugeben muss: „Wir können nicht so schnell so viele U3-Plätze schaffen. Dann müssten wir an jeden Kindergarten anbauen.“ Derzeit stehen jedoch nur Plätze für 20 Prozent der Kinder zur Verfügung. Deshalb hat auch in Dinslaken die Ausbildung von Tagesmüttern höchste Priorität. Das liegt unter anderem daran, dass Tagesmütter für die Kommunen wesentlich günstiger sind, als der Ausbau von Kita-Plätzen. Dieser kostet im Jahr circa 15.000 Euro, während eine Betreuung durch Tagesmütter die Gemeinden nur 6000 Euro pro Jahr kostet. Dieser finanzielle Vorteil wird teilweise durch Bezuschussung der Betreuung an die Familien weiter gegeben.